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Grounding: Warum barfuß so gut tut

Ich hoffe, Sie sind in diesem schönen Sommer, auch in Ihrem Urlaub viel barfuß gegangen. Als Rolferin bin ich davon schon deshalb begeistert, weil die Füße sich dann so bewegen wie es die Natur vorgesehen hat. Das ist auch gut für die Körperhaltung!

 

Die Wirkung des Barfußgehens reicht allerdings weit darüber hinaus. Es ist für unsere gesamte Körpergesundheit eine wertvolle Strategie. Erst seit etwa 20 Jahren gibt es dazu eine wissenschaftliche Erklärung:

 

Wir nehmen über den direkten Kontakt zur Erde jede Mengen freie Elektronen auf. Die meisten Menschen haben einen Mangel an Elektronen, was entzündliche Prozesse im Körper begünstigt. Auch das Bindegewebe ist betroffen - Faszien verkleben, Muskeln schmerzen. Cellulite kann eine Folge sein. 

Warum fehlen uns Elektronen?

Den längsten Teil seiner Geschichte war der Mensch (wie andere Tiere) barfuß unterwegs. Wenn er überhaupt Schuhe trug, waren sie aus Leder oder Fell, einem leitfähigen Material. Er hat auf dem Boden geschlafen, vielleicht auf einem Fell. Er war viel draußen. Der Mensch als elektrisch leitfähiger Organismus hatte fast ständig direkten Kontakt zur Erde. Keine Chance, in einen Elektronen-Mangelzustand zu kommen. Das hat sich mit der Entwicklung unserer Zivilisation geändert. Hinzu kommen weitere Faktoren, die uns Elektronen rauben.

Was ist Earthing oder Grounding?

Beide Begriffe bedeuten dasselbe. Wenn wir mit nackten Füßen den Boden in der Natur berühren, dann ist das Earthing oder Grounding. Wenn wir in der Wiese sitzen oder liegen, ohne isolierende Decke unter uns. Die Erde ist elektrisch leitend und unsere Körper sind es auch. Wenn man zwei elektrisch leitende Objekte in Kontakt bringt, vollzieht sich ein Spannungsausgleich.

 

Die Erdoberfläche ist negativ geladen und so können freie Elektronen auf den Körper übergehen. Davon profitieren wir, weil wir, wie oben skizziert - aufgrund unserer Lebensweise, den Einwirkungen unnatürlicher Strahlung und isolierenden Gummisohlen unter den Füßen - zu wenig negative Ladung/Elektronen abbekommen. Generell können wir also

sagen, es kommt durch den Kontakt zur Erde zu einem Spannungsausgleich. Und so ausgeglichen funktioniert unser Körper am besten... und so war er es eigentlich gewohnt von Anfang an.

Was ist Bio-Elektrizität?

Der Körper als bio-elektrisches System - das ist immer noch eine Nebensache in unserer gängigen Medizin. Jeder weiß, dass Nerven mit elektrischen Impulsen kommunizieren. Nur wenige wissen, dass das Herz ein bis zu 60fach stärkeres elektromagnetisches Feld erzeugt als das Gehirn. Das Herz wird meist noch immer als muskuläre Pumpe für den Blutkreislauf betrachtet. Seit meiner Rolfing-Ausbildung wusste ich rudimentär (heute weiß ich ein wenig mehr), dass auch das 3D-Fasziennetz mit einem hohen leitfähigen Wasseranteil und dem Halbleiter Kollagen ein wichtiger Teil unseres bioelektrischen Systems ist. Und ja, unsere Körperzellen haben eine je nach Typ optimale Membran-Spannung, die ihre Funktion maßgeblich bestimmt. Die Interaktionen und der Informationsaustausch in unserem Körper laufen größtenteils über elektrische Impulse.

Das bio-elektrische System unseres Körpers hat grundlegende Bedeutung für unsere Gesundheit: Unser Nervensystem, unser Herz-Kreislauf-System, auch unsere Gen-Expression - welche Gene aktiviert, welche deaktiviert werden. Die Auswirkungen sind also omnipräsent.

Kurzer Exkurs in die Geophysik

Bildquelle: Youtube-Video Stefan Burns, Health Benefits of Earthing

Wir leben inmitten einer riesigen Batterie. Die Erdoberfläche ist negativ geladen.

In der Ionosphäre sprengt die Sonnenstrahlung die Bindungen von Gasmolekülen. Auch in dieser Schicht der Atmosphäre gibt es freie Elektronen, aber es herrscht größtenteils eine positive Ladung in der Ionosphäre vor. Die Erdoberfläche dagegen ist negativ geladen. Sie wird vor allem bei Gewittern durch Blitze immer wieder neu mit freien Elektronen versorgt. So gehört es sich für eine Batterie - ein Pol negativ, ein Pol positiv.

 

Je weiter weg von der Erdoberfläche, desto höher also die elektrische Spannung. Schauen Sie mal auf das Bild: Sehen Sie, welchen Unterschied es ausmacht, ob Sie barfuß die Erde kontaktieren oder Schuhe mit Gummisohlen tragen?


Wenn der Körper geerdet ist und sein Potenzial mit dem elektrischen Potenzial der Erde synchronisiert ist, wird der Körper zu einer Erweiterung des elektrischen Systems der Erde. Das Erdungspotenzial reduziert die elektrischen Felder, lenkt sie ab und so bildet sich ein schützender "Schirm" über dem Körper.

Nutzen von Earthing/Grounding für den Organismus

Grounding kann also, wie wir gesehen haben, ungesunde elektrische Spannung in unserem Körper ausgleichen. Welche gesundheitlichen Vorteile hat es?

Wie in Studien bestätigt worden ist, kann Grounding...

  • in unserem Körper freie Radikale neutralisieren, also als natürliches Antioxidans wirken
  • Entzündungsprozessen aller Art die Grundlage entziehen und damit auch Schmerzen
  • den LDL-Cholesterol-Spiegel senken 
  • Heilungsprozesse beschleunigen, auch nach intensiver sportlicher Aktivität
  • das parasympathische Nervensystem unterstützen: Entspannung und gesunde Verdauung fördern, Cortisolspiegel senken, besseren Schlaf und auch bessere Stimmung unterstützen
  • Herzrhythmus-Störungen reduzieren, die HRV (Herzraten-Variabilität) verbessern
  • die Blutzirkulation verbessern, indem es der Verklumpung von roten Blutkörperchen entgegen wirkt

Bildquelle: Down to Earth Documentary

Grounding und seine Geschichte

 

Wissenschaftlich erforscht wird das "Grounding" erst etwa seit der Jahrtausendwende. Der US-Amerikaner Clint Ober gilt dabei als Pionier. 

In einer Kurzversion der Dokumentation "Down To Earth" können Sie sich in 15 Minuten einen Überblick verschaffen. Darüber, wie es kam, dass Clint Ober, der eigentlich in der Kabel-Industrie arbeitete,  Ende der1990er Jahre erste Studien organisierte.

Es kommen Physiker zu Wort, die Hintergründe erläutern zu unserem Leben "in einer Batterie" zwischen Ionosphäre und Erdoberfläche. Ärzte, die die Prozesse im Körper erklären und auf eine Reihe von Studien hinweisen. 

Wir spüren alle, barfuß gehen im Gras oder im Sand tut gut. Genauso das Gärtnern mit den Händen in der Erde. Jetzt wissen wir, es gibt dafür sogar eine wissenschaftliche Erklärung. Und diese Erkenntnisse sagen aus: Es ist ziemlich einfach. Wir haben uns als zivilisierte Menschen elektrisch isoliert von der Erde, und das tut uns nicht gut. Mit Grounding/Earthing können wir das ändern.

 

In unseren Breitengraden wird es den meisten jetzt zu kühl zum Barfußlaufen. Dann kann man darüber nachdenken, sich sogenannte "Erdungsprodukte"von seriösen Anbietern zu besorgen, wie sie ansatzweise auch in dem Film zu sehen sind. Zum Beispiel Bettlaken. So kann man geerdet schlafen zum Beispiel. Ich selbst habe damit bisher gute Erfahrungen gemacht.


Buchempfehlungen:

Clint Ober, Stephen Sinatra, Martin Zucker: Earthing - Heilendes Erden: Gesund und voller Energie mit Erdkontakt

Robert Becker, Gary Seldon: The Body Electric - Electromagnetism and the Foundation of Life

James Oshman: Energiemedizin - Konzepte und ihre wissenschaftliche Basis

 

Links zu einigen Studien und Veröffentlichungen:

Laura Koniver, Practical applications of grounding to support health, Biomedical Journal 2023

Gaétan Chevalier, Stephen T. Sinatra, Emotional stress, heart rate variability, grounding, and improved autonomic tone: clinical applications, 2011

Gaétan Chevalier, Stephen T. Sinatra, James Oshman, Earthing (Grounding) the Human Body Reduces Blood Viscosity—a Major Factor in Cardiovascular Disease, 2013

Erich Müller, Patrick Pröller et al, Effectiveness of Grounded Sleeping on Recovery After Intensive Eccentric Muscle Loading, 2019

James L. Oshman, Chronic Disease: Are We Missing Something? Editorial Journal of Alternative and Complementary Medicine 2011

Dick Brown, Gaétan Chevalier, Pilot study on the effect of grounding on delayed-onset muscle soreness, 2010

William Amalu, Medical Thermography: Clinical Earthing Application in 20 Case Studies